Kannst du, frei von Gedanken, minutenlang „in die Luft starren“? Ich hatte mal eine Ausbilderin, die das konnte. Ich fand das unglaublich, denn in meinem Kopf geht es meistens zu wie in einem Hauptbahnhof. Ständig flitzen irgendwelche Ideen und Gedanken in Lichtgeschwindigkeit durch die grauen Zellen.

Mal nur für fünf Minuten, alleine mit einer Tasse Tee, am Tisch zu sitzen, ist eine absolute Höchstleistung für mich.

Ich kann das immer noch schwer aushalten.

Aber seit einiger Zeit verändert sich etwas und das wurde mir bewusst, als ich das Zitat von Astrid Lindgren entdeckte.

Wahrscheinlich hat mich ihr Zitat deshalb so angesprochen, weil ich gerade lernen darf, die Füße still zu halten. Nichts zu tun und einfach mal im Moment zu sein. Zu sehen, zu fühlen und zu spüren, was JETZT gerade ist.

Und das ist eine der allerschwersten Übungen für mich.

Die Grippe Anfang Juli war eine regelrechte Vollbremsung.

In den Wochen davor habe ich mich pausenlos (und das meine ich wörtlich) damit abgemüht, all die Aufgaben, die auf meinem Schreibtisch lagen, zu erledigen. Aber so sehr ich mich auch anstrengte, es war kein Ende in Sicht. Egal, wie viel und wie lange ich arbeitete.

Durch die Zeit im „Krankenlager“ und dem transformatorischen Wochende Mitte Juli hat sich etwas verändert.

Hatte ich vorher keine Zeit zum Lesen, so habe ich jetzt keine Lust. Ich kann mich noch nicht einmal motivieren, in einer Zeitschrift zu blättern. Schreibübungen gehen gar nicht und selbst das tägliche Aufschreiben meiner Gedanken kostet mich Mühe.

Nichts ist mehr so, wie es war.

So zumindest fühlt es sich gerade an.

Die Dinge verändern sich in einer Art, wie ich sie nicht kenne.

Es fühlt sich immer noch etwas irritierend an, nicht das zu tun, was ich normalerweise tun würde: Mich in kleinen Pausen von irgendwelchen Aktivitäten ablenken zu lassen.

Diese Momente nicht zu füllen, sondern der Leere Raum zu geben.

Es fühlt sich ein bisschen nach Paradigmenwechsel an und es riecht nach innerer Freiheit.

Und so kommt es, dass ich nicht mehr mit Laptop, Notizbuch und Buch bewaffnet im Café sitze, sondern nur mit mir alleine und einer Tasse Kaffee. Ach ja, mein schlechtes Gewissen gesellt sich gerne auch noch mit dazu. Denn wie kann man denn mitten am Tag einfach so für eine halbe Stunde ins Café sitzen und „in die Luft gucken“?

Und genau deshalb ist es eine wichtige Übung für mich.

Die Ursache dafür liegt vermutlich auch in meiner Familiengeschichte.

Meine Eltern haben ihre Arbeit immer gerne getan und natürlich gab es immer viel zu tun. Für Pausen gab es da wenig Zeit, zum Lachen ging man sowieso gerne in den Keller und sich miteinander Zeit zu nehmen war auch keine Option. Meine Eltern haben sich in einer Zeit selbstständig gemacht, in der Fleiß mehr als belohnt wurde, denn vieles gab es noch nicht.

Fleiß ist immer noch wichtig, aber sich zu Tode zu arbeiten (ich übertreibe jetzt mal bewusst), bringt einen auch nicht weiter.

Das ist inzwischen bei mir angekommen.

Viel zu tun, bringt nicht immer viel Ergebnis.

Das ist die schmerzhafte Wahrheit.

Es geht darum, das Richtige zu tun.

Und wie finde ich das heraus? Indem ich nach innen höre.

Das kann ich aber nur, wenn ich mir auch Pausen gönne und ab und zu den Fluss der Gedanken unbeachtet vorbeiziehen lasse. Sportler brauchen Pausen und den Tag- und Nachtrhythmus gibt es auch nicht zufällig.

Jetzt bin ich also dabei, lange gepflegte Muster zu durchbrechen, das schlechte Gewissen wahr aber nicht zu ernst zu nehmen und Stille zu üben. Und nicht gewohnheitsmäßig nach einer Ablenkung zu suchen.

Stille auszuhalten. Ruhig zu werden.

Der Leistungstochter zwischendurch mal eine kleine Auszeit zu gönnen und mich im bewussten Sein zu üben.

Danke, liebe Christine, mit deiner Karte hattest du einen verdammt guten Riecher, sie steht auf meinem Schreibtisch und erinnert mich jeden Tag daran, was wichtig ist.

Falls es dir ähnlich geht, und du nach einer Anleitung suchst, empfehle ich dir den Artikel „Stille in mir“.

Tun sie nichts. Aber tun sie es mit ganzem Herzen