Das Schöne an der Selbstständigkeit ist die Persönlichkeitsentwicklung. Man kann so wunderbar über sich selbst und seine Ängste hinauswachsen. Angst ist ein wichtiges Thema, über das immer noch viel zu wenig gesprochen wird. Dabei schenkt uns Angst – wenn wir sie überwunden haben – eine unglaubliche innere Freiheit. Und da ich sehr freiheitsliebend bin, stelle ich mich mutig meinen Ängsten. Und tatsächlich war diese Art der Sichtbarkeit eine ganz besondere Herausforderung für mich.
Welcher Angst ich mich gestellt habe
Wenn ich an Angst denke, fallen mir sofort die großen Themen ein, wie zum Beispiel Prüfungsangst, Höhenangst, Auftrittsangst, Flugangst usw.. Vielleicht, weil ich viele Jahre mit Klienten genau an diesen Ängsten gearbeitet habe. Wenn ich bei mir selbst schaue, fällt mir keine konkrete Angst ein, die ähnlich starke körperliche Reaktionen ausgelöst hat. Die gab es mit Sicherheit, aber sie ist mir nicht mehr präsent. Vielleicht muss das auch gar nicht sein. Eine meiner großen Ängste war sicher die, mich zu zeigen und abgelehnt zu werden. Ein Klassiker. Als eine Instacoach meinte, dass es an der Zeit wäre, Selfies und Videos von mir zu posten, fand ich das überhaupt nicht lustig. Aber mir war auch klar, dass ich diesem Thema auf Dauer nicht ausweichen konnte – und auch nicht wollte.
Warum ich Angst hatte, mich zu zeigen
Für die Angst, mein Konterfei im Netz zu zeigen, gab es einen „guten“ Grund. Ich hatte als junge Frau – von 22 bis ungefähr 30 – eine fürchterliche Akne. Wir sprechen hier nicht von ein paar Pickeln im Gesicht, sondern dicken Dingern, an die sich noch nicht mal die Kosmetikerin traute. Die Chemie vom Hautarzt half nicht wirklich, Hormone auch nicht und Antibiotika wollte ich nicht nehmen. Also suchte ich andere Wege. Chemiefreie Pflege gab es damals leider noch nicht und mir wurde schnell klar, dass es auch ein Signal meiner Seele war. Das Thema war übrigens die Initialzündung für meine Persönlichkeitsentwicklung. Aus diesen Jahren gibt es so gut wie keine Fotos und ich erinnere mich noch gut an die mitleidigen Blicke der Menschen, denen ich begegnete. Das Gesicht kann man einfach nicht verstecken. Deshalb vermied ich es, unter Menschen zu gehen. Es war eine sehr traumatische Zeit für mich.
Ich bin bereit, mich meiner Angst zu stellen
Dass ich niemals dem klassischen Schönheitsideal entsprechen würde, wurde mir ziemlich schnell klar, weshalb ich mich auf die „innere Schönheit“ konzentrierte. Jetzt sollte ich mich also auf einer Plattform, auf der sich alles um perfekten Style und Schönheit drehte, zeigen. Meine Haut war über die vielen Jahre besser geworden, aber die Narben sind geblieben. Ich sehe sie jeden Tag, wenn ich in den Spiegel schaue, und könnte gut und gerne auf sie verzichten. Jetzt sollte ich tatsächlich Fotos und Videos von meinem Gesicht ins Netz stellen. Niemals! Ich war ja nicht wahnsinnig! Während ich das hier schreibe, wird mir bewusst, dass ich mich nicht nur schämte, ich hatte auch Angst. Angst vor den mitleidigen Blicken der anderen. Angst, vor den Kommentaren der Menschen, wenn sie mein Gesicht sehen würden. Ich hatte die Reaktionen noch gut in Erinnerung. Aber ich wusste auch, dass es keinen Sinn machte, dieser Angst weiterhin auszuweichen.
Wie ich die Angst, Videos von mir zu zeigen, überwand
Ein kleines Onlineseminar mit dem Titel „Zeig‘ dich und mach dein Video“ brachte im Mai 2020 den Durchbruch. Es fand während es ersten Lockdowns statt und ich kannte einige der Teilnehmerinnen. Es war eine kleine kuschlige Runde und jeder sollte sich mit einem kurzen Video vorstellen. Ich ging nach draußen, suchte mir einen ruhigen, schattigen Platz, und drehte mein Video. Ich wollte die Angst endlich hinter mir lassen. Ich erzählte, dass ich mir mit 22 gewünscht hätte, mein Gesicht unter einer Maske zu verstecken. Und ich jetzt, wo wir sie tragen mussten, bereit war, meine innere Maske fallen zu lassen. Als ich mir das fertige Video anschaute, stellte ich überrascht fest, dass man meine Narben überhaupt nicht sah! (Videofilter sei Dank) In mir war pure Erleichterung, ich konnte es kaum fassen. Ich war mal wieder einer ungeprüften Annahme auf den Leim gegangen – na prima. Ich hab‘ dann ziemlich schnell mit Story-Videos begonnen und mich im Dezember selbst herausgefordert, indem ich jeden Tag ein Video für die Instagram-Story drehte.
Wie ich mit Ängsten umgehe
Für mich ist die Überwindung von Ängsten ein Prozess. Vielleicht kann ich deshalb im Rückblick nicht mehr sagen, was genau geholfen hat, die Angst zu überwinden. Am Ende ist es meist das Zusammenspiel mehrerer Faktoren.
Wenn ich bemerke, dass ich Situationen oder Aufgaben ausweiche, ist das für mich ein Hinweis, dass Angst oder eine innere Blockade mit im Spiel ist. Und da ich Ausweichen anstrengender finde, als mich meinen unbewussten Themen zu stellen, suche ich zügig nach Lösungsmöglichkeiten. Ich setze mich intensiv mit der Angst auseinander, indem ich mich beobachte. Sobald sich die Angst zeigt, arbeite ich mit den Methoden, die ich selbst gelernt habe. Trauma-Körperarbeit ist für mich ebenfalls ein wichtiger Weg. Gelingt mir die Lösung auf diesem Weg nicht, dann suche ich mir schleunigst externe Unterstützung. Mit der Angst zu leben, ist einfach keine Option für mich.
Warum ich Ängsten nicht mehr ausweiche
Den Umgang mit der Angst habe ich durch die innere Arbeit gelernt. Als ich mit Herausforderungen konfrontiert wurde, denen ich nicht ausweichen konnte. Es gab und gibt für mich nur einen Weg: Den DURCH die Angst. Ich erhielt bei meiner spirituellen Lehrerin zwanzig Jahre lang intensive Schulungen über psychologische und spirituelle Zusammenhänge. Ich habe gelernt, dass Ausweichen und Weglaufen auf Dauer wenig hilfreich ist und nicht nur bei mir selbst erlebt, wie befreiend es sein kann, sich seinen inneren Ängsten und Blockaden zu stellen. Auch wenn ich immer noch mehr ängstlich als mutig bin, so bin ich doch absolut furchtlos, wenn es darum geht, in innere Prozesse einzutauchen. Denn ich begegne sowieso nur mir selbst.
Am Ende bin ich auch noch belohnt worden für den „Ritt durch die Angst“ und bei diesem Thema zeigt sich das Leben sogar noch von der besonders humorvollen Seite. Ich bin es ja gewohnt, vor Aufgaben gestellt zu werden, die in mir einen Widerstand auslösen. So ist es nicht verwunderlich, dass ich meine derzeitige Aufgabe zuerst mal kategorisch abgelehnt habe. Aber so was von! Kosmetik und Pflegeprodukte? Nein, danke! Aber das Leben weiß es ja bekanntlich besser als der Kopf und jetzt habe ich nicht nur eine chemiefreie Lösung für mich selbst, und alle, die ihrer Haut was Gutes tun wollen, sondern als „add on“ auch noch eine sinnstiftende Aufgabe dazu. Ich kann dich also nur bestärken, deine Ängste am Schopf zu packen und durchzugehen.
▶️ Dieser Beitrag entstand im Rahmen Blogparade von Shivani Vogt.
[…] und fand die schreibenden Erkenntnisprozesse großartig. Im Oktober hatte ich darüber geschrieben, wie ich mich der Angst vor Selfies und Videos auf Social Media gestellt habe und ich habe mir überlegt, was ich meinem Teenie-Ich heute sagen würde. Sehr spannend fand ich […]