Ich bin nicht besonders gut in Buchrezensionen, denn es fällt mir schwer, die Fülle an Informationen auf den Punkt zu bringen. Ich traue mich trotzdem, denn im Moment scheint jeder „The one thing“ zu lesen. Das genügt, um mich ordentlich neugierig zu machen und herauszufinden, was wirklich dran (drin) ist.

Als bekennende Verzettelungs-Künstlerin, intuitive Aufgabenerledigerin und Scannerpersönlichkeit, war der Titel eine echte Herausforderung. Aber die Neugier siegte über die Skepsis. Das Buch ist nicht nur gut geschrieben, es hat mich tatsächlich zu neuen Erkenntnissen geführt.

Worum geht es in „The one thing“?

Im Grunde genommen geht es um die Frage, warum es manche Menschen, trotz eines vollgepackten Terminkalenders/Alltags schaffen, mehr zu erreichen als andere. Warum gelingt es einigen, in der zur verfügungstehenden Zeit erfolgreicher zu sein und ihre Ziele zu erreichen? Auf diese und viele andere Fragen gibt das Buch interessante Antworten.

Konzentration auf das Wesentliche

Im Kern geht es darum, die richtigen Prioritäten zu setzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Okay, das ist erst mal nicht neu. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, bedeutet:

„Alle Dinge zu ignorieren, die man tun „könnte“
und stattdessen das zu tun, was man tun „sollte“.

Erfolg hängt nicht davon ab, wie viel Zeit wir haben, sondern wie wir mit unserer Zeit umgehen.

Ich würde mal behaupten, dass wir das alle wissen und eine leise Ahnung davon haben, was das bedeutet. Aber handeln wir auch entsprechend???

„Erfolgreich zu sein, seine Ziele zu erreichen,
ist weder zeitaufwändig noch kompliziert.“

Seiner Meinung ist das Problem, dass wir uns verzetteln und in To-do’s verlieren (was bei Scannerpersönlichkeiten ein Dauerzustand ist 😂), die uns unserem Ziel keinen Millimeter näherbringen. Ja, das ist einleuchtend. Trotzdem konnte ich mir zu Beginn des Buches noch nicht vorstellen, wie eine Lösung aussehen könnte.

Es geht um die EINE Sache: Eine Leidenschaft, eine Fertigkeit

Es mag ja sein, dass es Menschen gibt, für die es nur eine einzige Sache gibt, auf die sie sich konzentrieren. Allerdings gehöre ich definitiv nicht dazu. Als Scannerpersönlichkeit ist es völlig normal, mehrere Projekte parallel zu bearbeiten. Und weil das noch nicht genug ist, kommen ständig neue dazu. Wie sollte ich mich auf EINE Sache konzentrieren? Ich war drauf und dran, das Buch in die Ecke zu pfeffern.

Welche Aufgabe hat eine Hebelwirkung?

Aber es geht nicht darum, dass ich mich ein Leben lang nur auf eine einzige Sache fokussiere. Meiner Meinung nach geht es um die „Hebelwirkung“. Um die eine Sache, die mich – wenn ich mich darauf fokussiere – am wirkungsvollsten zum Ziel bringt. Das hat den Vorteil, dass ich dieser einen Sache viel Zeit widme, sie immer und immer wieder übe, praktiziere und automatisch besser werde. Dadurch erziele ich – logisch – bessere Ergebnisse. Die Aufgabe macht mehr Freude und so entsteht ein positiver Kreislauf und im Idealfall eine neue Gewohnheit.

Die Lösung für Scannerpersönlichkeiten

Also geht es im ersten Schritt darum, herauszufinden, was die eine Sache ist, auf die ich mich JETZT oder/und in nächster Zeit fokussieren möchte. Damit kann ich auch als vielseitige Scannerpersönlichkeit prima umgehen.

Sechs „Märchen, die uns in die Irre führen“

Spannend wird es, als er mit den sechs Überzeugungen um die Ecke kommt, die unserem Erfolg im Weg stehen. Die sind – zugegeben – nicht ganz neu, aber er erklärt sie so gut, dass sie etwas in mir verändert haben.

Erfolgslüge Nr. 1: Alles ist gleichermaßen wichtig

Er beschreibt To-do-Listen als „eine nützliche Ansammlung unserer besten Absichten, die uns mit trivialen Dingen tyrannisieren, zu deren Erledigung wir uns verpflichtet fühlen. Einfach, weil sie auf unserer Liste stehen.“ Die Hassliebe zu diesen Listen kann ich bestätigen. 😉 Er nennt sie sogar „Überlebenslisten“, weil sie uns durch den Alltag bringen, nicht aber jeden Tag zu einem Meilenstein auf dem Weg zum Erfolg machen. Sehr cool auf den Punkt gebracht!

Das Pareto Prinzip in seiner extremsten Form

Seine Lösung ist eine Erfolgsliste, aber im Prinzip geht es darum, der EINEN Sache – der Aufgabe mit der größten Hebelwirkung – die oberste Priorität zu geben und alles andere zu lassen, bis diese wichtigste Aufgabe erledigt ist. Für alle, die wie ich, intuitiv unterwegs sind: Es geht darum, ein klares Gespür für Prioritäten zu haben.

Erfolgslüge Nr. 2: Mit Multitasking schaffe ich mehr

Dass Multitasking nicht jedermanns Sache ist und auch wenig Sinn macht, wissen die meisten von uns inzwischen. Was, aber wenn man – wie ich – Aufgaben nicht linear, sondern intuitiv abarbeitet? Dann muss ich einfach darauf achten, dass ich immer wieder den Weg zur Hauptaufgabe zurückfinde. Ja, das kriege ich hin.

Erfolgslüge Nr. 3: Wer erfolgreich sein will, muss ein diszipliniertes Leben führen

Ich weiß nicht, wie viele Menschen mir immer wieder erzählen, dass sie disziplinierter sein sollten und es einfach nicht schaffen. Ich selbst würde mich als semi-diszipliniert bezeichnen, aber es stresst mich nicht. Mit dem Thema räumt er gnadenlos auf.

„Entgegen der allgemeinen Überzeugung, ist Erfolg
kein Marathon aus disziplinierten Handlungen.“

Stattdessen rät er dazu, die EINE Sache oder Aufgabe zu finden, sie so lange zu wiederholen, bis sie zu Gewohnheit wird und dann genau so viel Disziplin aufzubringen, wie zu ihrer Verinnerlichung nötig ist. Das ist dann alles, was wir an Disziplin brauchen. Es vereinfacht unser Leben, wenn wir wissen, was wir wirklich gut machen müssen und was weniger wichtig ist. Das klingt für mich absolut logisch und nimmt total den Druck raus.

Wenn ich mich für meine wichtigste Aufgabe entschieden habe, muss ich sie also nur regelmäßig zu tun, damit sich daraus eine Gewohnheit entwickelt. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt davon ist, dass es unser Leben vereinfacht, denn ich weiß, was ich wirklich gut machen muss und was unwichtig ist.

Übrigens dauert es ungefähr 66 Tage, um eine Gewohnheit zu etablieren. Die 21 Tage sind wissenschaftlich nicht bestätigt.

Erfolgslüge Nr. 4: Willenskraft lässt sich jederzeit herstellen

An der Stelle muss ich ehrlich sein. Den Satz „Wo ein Wille ist, da ist ein Weg“ kommt mir auch leicht über die Lippen. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ich nur meine Willenskraft aktivieren muss, damit sich der Erfolg quasi von selbst einstellt. Ha! Ich glaube, das kennt jeder. Er widerlegt auch diese Überzeugung.

Was ich nicht wusste: Willenskraft ist eine „begrenzte, aber erneuerbare Ressource“ 

Vielleicht kennst du den Marshmallow-Test, bei dem es um die Fähigkeit zur „aufgeschobenen Bedürfnisbefriedigung“ geht. Dass Willenskraft wichtig ist, war mir klar. Was ich nicht wußte ist, dass sie – wie ein Muskel – schnell ermüdet und dann Erholung braucht. Wenn die Willenskraft aufgebraucht ist, fallen wir zurück in die „Standardeinstellung“. Dann kann es sein, dass wir uns für die Tüte mit den Kartoffelchips entscheiden, statt der Tüte mit den Karotten.

Was genau reduziert unsere Willenskraft?

Dinge wie zum Beispiel neue Verhaltensweisen, Ablenkungen filtern, Gefühle unterdrücken, Aggressionen zurückhalten usw. All das (ver)braucht Willenskraft. Eigentlich logisch, oder? Deshalb ist es wichtig, dass wir mit unserer Willenskraft sorgsam umgehen und Dinge, die Priorität haben, dann erledigen, wenn wir am meisten Willenskraft haben. Das ist in der Regel am Beginn eines Tages.

Erfolgslüge Nr. 5: Eine gute Work-Life-Balance ist Voraussetzung für Erfolg

Dazu schreibt er:

„Ein ausgewogenes Leben ist ein Mythos; ein irreführendes Konzept, das die meisten Menschen als lohnendes und erreichbares Ziel betrachten, ohne je innezuhalten und es näher zu untersuchen. Ich möchte, dass Sie es unter die Lupe nehmen, dass Sie es infrage stellen, dass Sie es ablehnen. Ein Leben im Gleichgewicht ist ein Märchen.“

Seiner Meinung nach ist dieses „Gleichgewicht als Dauerzustand“, nach dem so viele streben, nicht realistisch. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr verstehe ich, was er meint. Wenn wir immer im Gleichgewicht, in der „Balance“ sind, dann gibt es weder Höhen noch Tiefen. Dann ist alles mittelmäßig und lauwarm. Aber so ist das Leben nicht. Es ist – wie ein Pendel – ein ständiges Schwingen von einer Seite zur anderen. Mal mehr und mal weniger extrem. Und tatsächlich beschreibt er ein erfülltes Leben als ein „Akt der ständigen Ausbalancierung“.

Wenn ich mich auf EINE Sache fokussiere, bleibt es gar nicht aus, dass ich andere Dinge vernachlässige. Wichtig ist meiner Meinung, dass ich mir dessen bewusst bin und für einen Ausgleich sorge. Dass ich ein gesundes Verhältnis habe zwischen fokussierter und unfokussierter Zeit, um bei seinen Worten zu bleiben.

Übrigens gibt er an der Stelle die Erlaubnis zum Chaos – Yess!!! Denn, wenn wir uns auf EINE Sache konzentrieren, bleibt weniger wichtiges ganz automatisch liegen. Es gilt also, das „Unerledigt-Chaos“ phasenweise auszuhalten. Diese Erklärung war ein regelrechter AHA-Moment für mich, denn ich scheine die einzige auf dieser Welt zu sein, die nicht alles auf einmal erledigt bekommt und deshalb immer ein bisschen kreatives Chaos um sich hat. Danke, Gary Keller!

Erfolgslüge Nr. 6: Groß ist böse

Das fand ich einen sehr interessanten Gesichtspunkt: „Aus irgendeinem Grund herrscht die Befürchtung, großer Erfolg gehe automatisch mit einem immensen Druck und Stress einher; Erfolgsstreben würde sie nicht nur der Zeit mit Freunden und Familie, sondern auch ihrer Gesundheit berauben.“

Interessanterweise assoziieren wir „groß“ automatisch mit „böse“ und entscheiden uns dann lieber für den Spatz in der Hand statt der Taube auf dem Dach. Ich weiß, dass erfolgreiche Menschen groß Denken – weit über den Tellerrand hinaus. Daß sie an das Unmögliche glauben. Dass „groß“ negativ belegt ist, war mir allerdings nicht bewusst. Dabei ist all das Neue doch gerade dadurch entstanden, dass wir die Dinge hinterfragen, dass wir wagemutig sind und kühne Pläne verfolgen. An der Stelle überlasse ich Gary Keller das Wort, denn er hat es einfach wunderbar formuliert:

„Große Ziele können zunächst unerreichbar wirken. Aber wie oft haben Sie etwas unternommen, das zunächst fast unmöglich schien, nur um anschließend festzustellen, dass es viel leichter war, als Sie dachten?

Manchmal sind die Dinge wesentlich einfacher als gedacht und gelegentlich wesentlich anstrengender. Deshalb ist es wichtig zu erkennen, dass man auf dem Weg zu großen Zielen an der Herausforderung wächst. Anspruchsvolle Ziele erfordern Wachstum, und wenn Sie sie erreicht haben, sind Sie definitiv gewachsen!

Was aus der Entfernung wie ein unüberwindlicher Berg aussah, entpuppt sich auf dem Weg zum Gipfel als kleiner Hügel- zumindest im Verhältnis zu der Größe, zu der Sie unterwegs angewachsen sind. Ihr Denken, Ihre Fähigkeiten, Ihre Beziehungen, Ihr Gespür für das Mögliche und seine Voraussetzungen – all das wächst und entwickelt sich auf dem Weg zu einem anspruchsvollen Ziel weiter. Wenn Sie sich große Dinge vornehmen und auf eine großes Ziel hinarbeiten, wachsen auch Sie zur vollen Größe.“

Mit diesem wunderbaren Gedanken beende ich diesen ersten Teil meiner Buchrezension. Ich bin neugierig. 😆 Laß‘ mich gerne wissen, wie du darüber denkst.