Muss ich mich schlecht fühlen, wenn ich keine richtige Morgenroutine habe? Wenn mich der Wecker nicht um 5 Uhr morgens aus dem Tiefschlaf reißt, ich direkt zum Joggen gehe oder direkt unter die eiskalte Dusche hüpfe? Versteh‘ mich bitte nicht falsch, aber nichts davon macht mir morgens gute Laune. Möglicherweise würde es mir guttun, aber im Moment ziehe ich mir schon beim Gedanken daran lieber die kuschlig warme Bettdecke über den Kopf. Für mich wäre es ein Pflichtprogramm zu dem ich mich – zumindest im Moment – regelrecht überwinden müsste und so will ich meinen Tag einfach nicht starten.

Erfolgreiche Menschen haben eine strenge Morgenroutine

Manchmal wird der Eindruck vermittelt, dass man eine ganz bestimmte Morgenroutine braucht, um erfolgreich durchs Leben zu gehen. Der Glaube versetzt ja bekanntlich Berge und wenn ich glaube, dass genau das der ausschlaggebende Faktor für meinen Erfolg ist, dann wird er das auch sein. Nicht viel anders ist das mit Affirmationen oder Visionboards. Wenn ich glaube, dass ich das brauche, um erfolgreich zu sein, dann sollte ich damit schnellstens loslegen.

Falls es dich beruhigt: Ich kenne genügend Menschen, die auch ohne all das erfolgreich unterwegs sind.

Aber jetzt mal Spaß beiseite. Es lohnt sich, das Thema etwas genauer zu betrachten. Ich stelle nämlich immer wieder fest, dass sich Menschen zu etwas zwingen, was überhaupt nicht zu ihnen passt. Mit dem Ergebnis, dass die Routine spätestens nach zehn Tagen endet und man sich dann auch noch schlecht fühlt, weil man nicht durchgehalten hat. Dann geht der Schuss ordentlich nach hinten los.

Wie meine eigene Morgenroutine entstand

Ich hab’s nicht so mit klassisch empfohlenen Morgenroutinen. Wenn mir jemand sagt, was ich wie zu tun habe – und das bitte auch noch regelmäßig und zu einer bestimmten Uhrzeit – geht mein System sofort in den Widerstand. Es kann schon sein, dass die Autoren und viele andere Menschen gute Erfahrungen damit machen, für mich funktioniert das nicht.

Ich möchte dich an der Stelle ermutigen, deine ganz persönliche Morgenroutine zu entwickeln und damit flexibel umzugehen. Eine, die zu dir passt und mit der du im Alltag gut zurechtkommst.

Dass mein Wecker von Montag bis Freitag spätestens um 6 Uhr morgens klingelt, und ich deshalb auch am Wochenende ähnlich früh wach werde, hat einen Grund. Ich hatte viele Jahre lang einen sehr langen Arbeitsweg. Deshalb saß ich spätestens um 6 Uhr morgens – halb schlafend, wie alle anderen – fast zwei Stunden in der S-Bahn. Ob du es glaubst oder nicht, in dieser Zeit habe ich die Ruhe des frühen Tages zu schätzen gelernt. Ich habe die Zeit zum Lesen genutzt und beobachtet, wie der Tag erwacht. Den Sonnenaufgang und den Morgennebel über den Feldern. Seitdem gehört der frühe Morgen zu meiner schönsten Tageszeit.

Ich genieße die morgendliche Ruhe (übrigens auch im Urlaub). Wenn es draußen noch ruhig ist und der Tag ganz langsam erwacht. Für mich ist das fast schon eine heilige Zeit. „Me Time“, wie man so schön sagt. Am liebsten starte ich lesend in den Tag, mit einer Tasse Chi oder Tee an meiner Seite. Mit einem verschlafenen Verstand hat neues Wissen freie Bahn.

Morgenroutine: Diese Versuche scheiterten

Eine Zeit lang habe ich versucht, meinen Tag um 5 Uhr morgens zu starten. Ich weiß nicht, wie andere das machen, aber ich habe das nicht lange durchgehalten. Nicht nur, dass es ein echter Kraftakt war, das mit den acht Stunden Schlaf wird dann auch nichts. Zumindest, wenn man ab und zu später ins Bett hüpft. Mein Körper hat sich spätestens nach vier kurzen Nächten geholt, was er braucht: Schlaf.

Ich mag weder kalt duschen, noch kann ich mich am frühen Morgen zu irgendwelchen sportlichen Aktivitäten überwinden. Ich hab das alles schon durch, auch die morgendliche Joggingrunde. Es ist eine Quälerei und passt für mich nicht. Wenn ich danach wenigstens glücklich und energiegeladen wäre. Aber da ist nichts. Nada. Und bei frühmorgendlichen Yogaübungen fühlt sich mein Körper schrecklich ungelenkig an.

Meine aktuelle Morgenroutine

Meine einzige verlässliche Morgenroutine besteht aus Zähneputzen & Co., einer großen Tasse warmem Wasser und einer Tasse Tee oder Chi. Alles andere ist einem stetigen Wandel unterworfen. Es gibt Tage, da starte ich mit einer Meditation in den Tag, an anderen Tagen habe ich schon nach dem Aufstehen die ersten Erkenntnisse und muss sie dringend aufschreiben. Ab und zu schreibe ich Morgenseiten, aber den besten und entspanntesten Start in den Tag habe ich tatsächlich, wenn ich lesend starte. Dafür stelle ich den Wecker auch gerne mal auf 5:30 Uhr. Hauptsache, ich kann Slow Motion in den Tag starten.

Ich mache meine Morgenroutine auch mal abends

Alle anderen „Routinen“, die sonst gerne empfohlen werden, wie zum Beispiel Affirmieren, Morgenseiten schreiben, Tagebuchschreiben, Visualisieren, Erfolgstagebuch schreiben, Dankbarkreisliste führen, Meditation, Yoga usw. lege ich zeitlich nicht fest. An der Stelle bin ich völlig intuitiv unterwegs. Ich mache diese Dinge dann, wenn sie für mich richtig und wichtig sind. Das kann mal tagsüber sein, oder auch abends. Apropos Abend. Tatsächlich reflektiere ich abends meinen Tag, spätestens am nächsten Morgen. Es sei denn, mir ist schon tagsüber eine wichtige Erkenntnis durchs Gehirn gehüpft, die es wert war, aufgeschrieben zu werden.

Der Miracle Morning

Es mag Menschen geben, die gerne um 5 Uhr morgens in den Tag starten, die es lieben, morgens kalt zu duschen oder in ihre Joggingschuhe zu steigen. Für die genau so eine Routine, wie zum Beispiel die S.A.V.E.R.S. (10 Min. Stille, 10 Min. Lesen, 10 Min. Affirmationen, 10 Min. visualisieren, 10 Min. Tagebuch führen, 10 Min. Bewegung), wie sie im Buch „Miracle Morning: Die Stunde, die alles verändert“ empfohlen werden, hilfreich ist. Für wen diese Struktur passt, der soll sie bitte nutzen!

Entwickle deinen persönlichen Start in den Tag

Für alle, die mit solchen Morgenroutinen ein bisschen Mühe haben, empfehle ich, das Thema entspannt anzugehen und damit zu experimentieren. Ich habe hier ein paar Reflexions-Fragen für dich:

  • Wie startest du in den Tag? Welche Morgenroutine hast du im Moment?
  • Was willst du ändern und warum?
  • Was erhoffst du dir von einer neuen Morgenroutine?
  • Wie könnte eine Morgenroutine aussehen und wie lässt sie sich in deinen Alltag integrieren?

Und dann fang‘ einfach an, mit verschiedenen Möglichkeiten zu experimentieren. Finde heraus, was dir guttut und vor allem: Was funktioniert. Es gibt keine richtige oder falsche Morgenroutine. Es geht darum, eine für dich passende zu finden. Wenn dir danach ist, um 5 Uhr früh, mit einer dampfenden Tasse Kaffee auf dem kalten Balkon sitzend, halb schlafend in den noch dunklen Himmel zu starren, dann tu das. Und wenn du um 9 Uhr meditierend startest, auch gut. Morgenroutinen sollen keinen Stress auslösen, sondern dir einen guten Start in den Tag ermöglichen. Und was für dich ein guter Start in den Tag ist, darfst – ja musst! – du selbst entscheiden.