Ich trete durch die Eingangstüre und fühle mich wie im Paradies. Mein Blick wandert durch den Raum, ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Hach, so viele schöne Farben, Muster, tolle Bücher. Ich kann mich an der unglaublichen Vielfalt kaum sattsehen. Wie konnte ich es nur so lange aushalten, ohne ein Papiergeschäft zu betreten?

Heute war dieser Schreibimpuls in meinem Postfach: „Wovon bekommst du nicht genug?“

Für die Antwort musste ich nicht lange überlegen: Stifte in jeglicher Form und alles, was irgendwie mit Papier zu tun hat: Notizbücher, Karten, Blöcke, einfach alles. Es gab Zeiten, da musste ich vieles von all diesen wunderbaren Dingen auch haben. Mit dem Ergebnis, dass die Schubladen voll waren, aber ich mich nicht traute, sie zu benutzen. Stapelweise leere Notizbücher im Schrank, ein ganzer Schuhkarton voller Postkarten, die ich nicht verschicken mochte, weil ich mich von den schönen Motiven nicht trennen konnte. Eigentlich gehöre ich nicht zu den „Jägern und Sammlern“, ich bin eher reduziert unterwegs.

Doch bei Papier und Stiften werde ich immer noch schwach und das wird sich vermutlich auch nicht ändern.

Aber weißt du was? Ich finde es herrlich!

Zu verdanken habe ich das vermutlich der Tatsache, dass ich in einem Schreibwarengeschäft und einer Druckerei groß wurde. Papier gehört schon immer zu meinem Leben und Stifte sowieso. Wenn wir damals von einer Messe zurückkamen, brachten wir meist tütenweise Schreibwaren mit nach Hause. Ich kann mich noch gut an meine Freude über jeden einzelnen Stift erinnern.

Wenn ich schöne Notizbücher oder Stifte sehe, schön sortiert in wunderbaren Farben, hüpft mein Herz, Freude und Entzücken durchströmen mich.

Schönes ist wichtig in meinem Leben

Bewusst wurde mir das, als ich einen Freund hatte, der so gar kein Gefühl für Schönes hatte. Damals war ich noch recht jung und weil ich dachte, dass mit mir etwas nicht stimmt, schob ich meine Freude an schönen Dingen zur Seite. Weil er keine Freude daran hatte, verbot ich sie auch mir. Im Nachhinein kann ich mich darüber nur wundern. Ich bin daran fast zugrunde gegangen und musste mich von ihm trennen. Die Freude über Schönes nicht miteinander teilen zu können, war für mich, die ich täglich mit Grafik zu tun hatte, richtig schlimm.

Ich muss nicht mehr alles haben

Ich freue mich nach wie vor an schönen Stiften, Karten und Notizbüchern, aber ich habe auch gelernt, dass die Freude nachlässt, wenn sie im Regal einstauben. Das ist schon fast schmerzhaft. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich in „schöne“ Notizbücher oft gar nicht benutzen mag. Weil ich damit immer noch die Erwartungshaltung verknüpfe, dass der Inhalt nicht nur schön, sondern auch bedeutsam sein muss. Das schraubt meinen eigenen Anspruch so hoch, dass sie am Ende unbenutzt bleiben. Schade drum.

Inzwischen kaufe ich wenig und das sehr bewusst, denn die Dinge wollen ja auch genutzt werden. Einzig bei Farbstiften werde ich immer wieder schwach und muss mich manchmal regelrecht zwingen, den virtuellen Einkaufswagen wieder zu löschen.

Form follows funktion

Der Ausdruck „form follows function“ ist ein Designleitsatz, insbesondere aus dem Produktdesign und der Architektur.

Nicht alles, was schön ist, ist auch praktisch. Nicht jeder Stift bekannter Marken liegt gut in der Hand. Nicht jedes Marken-Notizbuch hat Papier, das meinen Ansprüchen gerecht wird. Inzwischen weiß ich, was für mich funktioniert und dabei spielt das Design oder die Marke eine völlig untergeordnete Rolle. Was nicht hübsch ist, pimpe ich einfach auf.

Wichtig bei einem Notizbuch ist mir das Papier, nicht der Umschlag. Es gibt viele wunderbare Bücher mit katastrophalem Papier und günstige Notizbücher mit Papier, auf dem ich gerne schreibe. Mir genügt ein preisgünstiger Kugelschreiber, wenn er gut in der Hand liegt und eine ordentliche Mine hat. Beim Gebrauch lege ich meine eigenen Maßstäbe an.

Trotzdem habe ich an schönen Schreibwaren immer noch eine unglaubliche Freude. Johannes weiß, dass er es sich in einem Café gemütlich machen kann, wenn ich ein Schreibwarengeschäft entdeckt habe. Und dass ich es mit strahlenden Augen und ohne eine glühende Kreditkarte verlassen werde.

Und jetzt du: Wovon bekommst du nicht genug?