Kaum war ich dort, wollte ich schon wieder weg. Ich fühlte mich unwohl und gestresst. Ich hatte Magenschmerzen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ich war erst ein paar Monate im Familienunternehmen und hatte schon genug. Obwohl ich zwischen all den Druckmaschinen aufgewachsen war, hatte ich null Ahnung. Der Termindruck machte mich verrückt und mit der Rolle als Kundenberaterin, Juniorchefin und Führungskraft war ich maßlos überfordert.
Worauf hatte ich mich da nur eingelassen?
Ich wollte weg. Einfach nur weg. Wohin, das wusste ich nicht.
Am Ende bin ich, mangels Alternative, geblieben. Außerdem hatten sich meine Eltern auf mich verlassen. Nicht zu vergessen: es gibt in Unternehmerkindern eine Art inneren Ruf, der einen bleiben lässt. Doch davon erfuhr ich erst Jahre später.
Das Leben ist für uns, nicht gegen uns.
Das zu verstehen, war eins meiner wichtigen Learnings. Tatsächlich meinte es das Leben nicht nur gut mit mir, es lud mich auch zu einer intensiven Entwicklungsreise ein, für dich ich im Rückblick sehr dankbar bin.
Wo ein Problem ist, da muss irgendwo auch eine Lösung sein.
Und sie kam, denn ich begegnete meiner ersten spirituellen Lehrerin. Eigentlich war ich wegen einer gescheiterten Beziehung bei ihr, aber das war (das weiß ich heute) nur der Türöffner für einen neuen Weg.
Meine spirituelle Lehrerin war ein Medium und ich bekam durch sie viele Erklärungen aus der geistigen, der unsichtbaren, Welt. Als ich mich bei ihr über die Situation beklagte und ihr die Ohren voll jammerte, bekam zur Antwort:
„Gehen kannst du, doch wenn du nun gehen willst, gehst du vor dem Problem weg und nicht von einer mühseligen Arbeit. Du wirst die gleiche Konfliktproblematik wieder vorfinden, nur eben auf anderen Ebenen. In anderen beruflichen oder privaten Situationen. Die Frage, die du dir stellen kannst, ist: Wie gehe ich in den Konflikt hinein?“
Diese Sicht war neu und sie veränderte alles
In dem Moment verstand ich, dass meine ursprüngliche Idee, das Unternehmen fluchtartig zu verlassen, um einer unangenehmen Situation auszuweichen, eine sinnfreie Angelegenheit sein würde. Wenn mir das Thema in einer anderen Situation erneut begegnen würde, konnte ich auch bleiben – und das tat ich.
Meine Entscheidung war klar: Ich würde an der Herausforderung wachsen
Ich war neugierig und wollte wissen, was dahintersteckte. Wenn das meine Chance war, meinen Problemen ein Ende zu machen, sie nachhaltig zu klären und gestärkt daraus hervorzugehen, dann wollte ich das haben. Und zwar so schnell wie möglich. Mein Commitment (mit mir selbst) war klar:
Ich würde da durchgehen. Komme, was wolle.
Ich bezeichne die zwölf Jahre im Familienunternehmen als meinen ganz persönlichen Lern- und Entwicklungsweg. Es war ein Wachstumsbeschleuniger und eine Zeit, in der ich alle Situationen, ob beruflich oder familiär (was in diesem Kontext sowieso dasselbe war), für innere Klärungsarbeit nutzte (was übrigens bis heute mache).
Um daran zu wachsen und Bewusstsein zu entwickeln.
Für mich gibt es keine Zufälle. Auch wenn wir die Schwierigkeiten und Herausforderungen in unserem Leben erst mal nicht verstehen, gibt es für mich eine dahinterliegende Choreografie, die sich für mich aus den Erfahrungen, die unsere Seele machen möchte, ergibt. Wir können den Themen nicht ausweichen, denn sie gehören zu uns.
Ist das leicht? Nein, das ist kein Spaziergang. Das kann zwischendurch ziemlich ungemütliche werden. Gleichzeitig finde ich es mehr als lohnenswert. Denn am Ende des Regenbogens steht dieser goldene Eimer mit der Aufschrift Freiheit. Und die will ich haben.
Was sich durch diesen Satz in meinem Leben verändert hat
Müsste ich die Aussage von damals in einen Satz packen, dann würde er lauten: Nutze jede Herausforderung in deinem Leben für inneres Wachstum und Bewusstwerdung.
Ich mag mir gar nicht vorstellen, wer ich heute wäre, wenn ich mich nicht auf dieses Abenteuer eingelassen hätte. Ja, es war anstrengend und mühevoll. Es war ein langer Weg, weil im Laufe der Zeit noch weitere Herausforderungen auf der Lebensbühne erschienen. Es hat mich unglaublich viel Geld, Zeit und Energie gekostet. Aber ich hatte einen ganz klaren Fokus:
Ich wollte mich von inneren Blockaden und Hindernissen befreien. Denn mein Ziel war (und ist) klar: innere Freiheit und Selbstbestimmtheit.
Um meinen Handlungsspielraum zu erweitern und meine Ziele zu erreichen. Denn die hatte ich ziemlich schnell für mich gefunden und sie waren wie ein Stern, an dem nach wie vor meinen Weg ausrichte.
Augen auf und durch
Warum erzähle ich dir das? Weil ich dich ermutigen möchte, hinzuschauen. Das Leben ist so viel leichter, wenn man die Kraft, die man für die Unterdrückung alter Verhaltensweisen braucht, zur Erreichung seiner Ziele nutzen kann. Hast du schon mal versucht, einen Wasserball unter Wasser zu drücken? So ähnlich stelle ich es mir vor, wenn man innere Themen wegdrückt oder ihnen ausweicht. Das geht eine Weile gut und wenn die Kraft nachlässt, schießt der Ball mit voller Wucht aus dem Wasser.
Ich weiß nicht warum, aber an der Stelle bin ich ziemlich mutig und völlig angstfrei.
Mich schockieren die Themen und die mit einhergehenden Gefühle nicht. Sie haben für mich etwas Reinigendes, ich empfinde sie als heilend. Am Ende begegne ich sowieso nur mir selbst und all den Erfahrungen, die mich bis dahin behindert haben.
Es kommt ans Licht, was bisher unbewusst wirkte.
Damit in Kontakt zu kommen, ist für mich ein großes Geschenk.
Ein Nebeneffekt davon ist, dass wir uns selbst immer besser kennen und verstehen lernen. In der Befreiung alter Themen liegt für mich ein unglaubliches Potenzial. Je mehr solcher Situationen wir gemeistert haben, um so stärker und resilienter werden wir. Wir können mit Herausforderungen sehr viel souveräner umgehen. Für mich ist das echte Freiheit und dafür bin ich bereit, alles zu geben.
Was ich über den Umgang mit Herausforderungen gelernt habe
Ich würde mich nicht als besonders mutig bezeichnen, aber ich bin tapfer und ziemlich beharrlich. Gleichzeitig finde ich es unglaublich spannend, hinter meine eigenen Kulissen zu schauen. Um herauszufinden, was wirkt. Um Bewusstsein zu schaffen.
Akzeptanz statt Widerstand
Statt gegen schwierige Situationen anzukämpfen, nutze ich meine Energie, um Lösungen finden. Das gelingt leichter, wenn ich die Situation erst mal so akzeptiere, wie sie im Moment ist. Ich nenne das gerne „Wahrheit gucken“. Achtung: Das heißt nicht, dass wir sie gut finden müssen! Akzeptanz aktiviert ein Suchprogramm, öffnet uns für Fragen und damit für neue Möglichkeiten. Die Entscheidung „ja, ich werde daran wachsen“ setzt nicht nur Energien frei, es finden sich wie von Zauberhand Lösungsideen. Die sind manchmal ungewöhnlich, aber es funktioniert. Ich erlebe es immer wieder.
Die Haltung macht den Unterschied
Durch die vielen Unwägbarkeiten in meinem Leben habe ich gelernt, dass es selbst für die aussichtsloseste Situation eine Lösung gibt und dass selbst die schmerzhafteste Katastrophe etwas Gutes hat. Sehen können wir das allerdings erst im Rückblick.
Das Thema, dass sich durch eine schwierige Situation zeigt, ist ja nicht zufällig da, es will uns etwas lehren. Das ist die gute Nachricht. Es bedeutet auch, dass wir die Kraft und Möglichkeiten finden werden, sie zu lösen. Ist das immer einfach? Nein. Es kann uns schon auch mal an unsere Grenzen bringen und es gilt, diese auszudehnen. Das nennt sich dann inneres Wachstum. 😉
Durchhaltevermögen
Der Weg zur Lösung ist voller Umwege, Sackgassen und Unsicherheiten. Schließlich begeben wir uns in eine erfahrungsfreie Zone. Deshalb braucht es besonders viel Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit. Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon.
Sinnhaftigkeit
Ich weiß nicht, in wie vielen Situationen ich einfach weiter- und durchgegangen bin. Ohne zu wissen, wo, wie und wann ich ankommen werde. Was mich immer getragen hat, war die Idee, dass alles in meinem Leben einen Sinn hat. Auch wenn ich den im Moment nicht verstehe. Die dahinterliegende Choreografie kann man in der Regel erst im Rückblick erkennen.
Wegbegleiter
Ich habe gelernt, dass man alleine meist nicht tief genug arbeiten kann. Es braucht ein „Resonanzboard“ im außen, damit man sich im emotionalen inneren Dschungel nicht verläuft. 😉 Deshalb habe ich mir immer professionelle Unterstützung geholt. Von Menschen, die mir Abkürzungen zeigen können.
Ich bin unendlich dankbar für den Satz, die Haltung, die ich durch meine spirituelle Lehrerin bekommen habe. Was sich zu Beginn unüberwindbar und wie die Besteigung des Mount Everest anfühlte, war am Ende ein großes Geschenk. Es hat meinen Blickwinkel auf so vieles in meinem Leben nachhaltig verändert.
Bin ich deshalb immer gelassen und tiefenentspannt?
Nein, denn ich bin weiterhin auf dem Weg und „es ruckelt immer noch ein bisschen, wenn das Leben in den nächsten Gang schaltet“ . 🤪 Aber ich habe auch gelernt, dass es am Ende gut für mich ist, auch wenn ich zu Beginn noch nicht erkennen kann, was „gut“ bedeutet.
❤️ Jetzt du: Welcher Satz hat dein Leben verändert?
Zu mir sagte eine Freundin mal „in einem Jahr lachst du darüber“. In dem Moment war mir zwar so gar nicht nach lachen, am Ende sollte sich aber Recht behalten. Das hilft mir, in schwierigen Situationen (einigermaßen) gelassen zu bleiben. Irgendwann hat man es überstanden, die nächste Herausforderung wartet schon und rückblickend hat einen das alles da hin gebracht, wo man heute steht.
Liebe Grüße!
Liebe Vanessa,
den Satz merke ich mir. Er stimmt. Eckart Tolle sagte immer „this, too, will pass“. Das Schöne hat genauso ein Ende, wie das Unangenehme. Leider vergißt man das viel zu oft.
Liebe Grüße und Danke fürs Lesen!
Marita
Liebe Marita,
meine Oma sagte gerne: „Nix so schlecht, dass es nicht irgendwo gut für ist“ Als junge Frau hat mich dieser Spruch genervt, aber mit Abstand sehe ich, dass sie Recht hatte. Ja, wir wachsen an Herausforderungen und überstandenen Krisen. Und es stimmt: Wenn wir vor einer Situation davon laufen, wird sie uns einholen. Das muss aber nicht zwingend heißen, dass man alles unbedingt aushalten muss. Ich finde, das ist eine schwierige Gratwanderung, die Balance dazwischen muss man finden. Du hast mir da einen wichtigen Gedankenanstoß gegeben. Danke dafür.
Liebe Grüße
Britta
Hallo liebe Britta,
vielen Dank fürs Lesen und das Teilen Deiner Geschichte. Nein, es heißt nicht, dass man alles aushalten muss.Die Balance zu finden ist tatsächlich eine kleine (oder auch größere) Herausforderung. Da bin ich ganz bei Dir.
Liebe Grüße,
Marita