Nach dem letzten Blogbeitrag wurde ich gefragt, was es mir bedeutet, einhundert Blogartikel geschrieben zu haben. Ob das ein Ziel war und ob das für mich Erfolg bedeutet. Darüber hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Einhundert Blogartikel zu schreiben, war kein Ziel, auf das ich hingearbeitet hatte. Es war eher so, dass ich mich dieser Zahl in den letzten Wochen näherte und mich fragte, was sich seit dem ersten Blogartikel verändert hatte. Natürlich gab es Phasen der Frustration und das eine oder andere Motivationsloch war auch dabei. Manchmal war ich so genervt von mir selbst, dass ich kurz davor war, alles hinzuwerfen. Aber ich hatte mich entschieden und dann ziehe ich das durch. Komme was wolle. Ich freue mich, dass ich durchgehalten habe. Warum und wie mir das immer wieder gelingt, darum soll es heute gehen.

Es geht um den Prozess, nicht um das Ergebnis

Ich bin eine Meisterin des Durchhaltens. Zumindest, wenn ich mich für etwas entschieden habe. Vielleicht ist das der zentrale, und damit wichtigste Punkt. Denn mit meiner Entscheidung gehe ich eine Verpflichtung ein – und zwar in erster Linie mit mir selbst. Das bedeutet, dass ich mich von nichts und niemandem aufhalten lasse. Egal, wie lange der Weg zum Ziel sein wird und welche Hindernisse mir begegnen. Mich packt dann der Ehrgeiz und ich will wissen, wie weit ich komme. Es könnte sein, dass das der Grund für mein Durchhaltevermögen ist und dass es gar nicht um das Ziel selbst geht, sondern um den Lern- und Entwicklungsweg. Dazu habe ich kürzlich etwas Interessantes gelesen, leider weiß ich nicht mehr wo:

Wir Europäer sind so sehr auf den Zweck, auf unsere Ziele fokussiert, dass wir den Weg dorthin aus dem Blick verlieren. Wir hecheln ständig von einem Ziel zum nächsten. Dabei macht der Augenblick, in dem ich das Ziel erreicht habe – in Relation zum Weg – nur einen kleinen Moment aus. Die asiatischen Kulturen achten den Weg viel mehr als das Ziel. Für sie liegt der Schwerpunkt nicht im Ankommen, sondern auf dem Weg zum Ziel und der Art, wie wir ihn gehen.

Das ist tatsächlich eine ganz neue Erkenntnis, die ich erst mal sacken lassen muss. Aber das würde einiges erklären.

Lernen & Entdecken sind das Salz in meiner Lebenssuppe

Ich liebe es, neue Themengebiete zu erobern. Sie zu finden, mich ihnen zu nähern und dann tief in sie einzutauchen. Ich mag das Unbekannte, das ich dabei entdecke und die Erkenntnisse, die sich ihren Weg durch mein Gehirn bahnen. Wenn ich Verbindungen sehe und Möglichkeiten entdecke, wo vorher keine waren.

Wenn du hier schon ein bisschen länger mitliest, weißt du, dass ich zu den sogenannten Scannerpersönlichkeiten gehöre. Es gibt tatsächlich (fast) nichts, was mich nicht interessieren könnte und meine Hauptaufgabe besteht darin, diese Vielfalt zu sortieren und organisieren. Alles, was ich noch nicht kann, übt eine ganz besondere Faszination auf mich aus, Stillstand langweilt mich. Außerdem habe ich eine diebische Freude daran, mir neue Fähigkeiten anzueignen und herauszufinden, was noch alles in mir steckt. Zu erkennen, wer ich wirklich bin.

Statt Kündigung: Ich gehe weiter!

Es gab eine Menge Lebenssituationen, auf die ich gerne verzichtet hätte und vor denen ich am liebsten geflüchtet wäre. Die erste war im Familienunternehmen. Kaum hatte ich dort angefangen, hätte ich am liebsten gleich wieder gekündigt. Der für die Branche typische Termindruck, gepaart mit meinem grenzenlosen Unwissen und Familien- und Generationskonflikten, haben mir solche Magenschmerzen bereitet, dass ich mir morgens am liebsten die Decke über die Nase gezogen hätte und Zuhause geblieben wäre.

Mein vorheriger Job war bequem gewesen, aber auch langweilig. Genau aus diesem Grund, und weil meine Eltern Unterstützung brauchten, bin ich in die elterliche Firma gegangen. Und da sie sich auf mich verließen, traute ich mich nicht, zu kündigen. Im Nachhinein kann ich sehen, dass es richtig war zu bleiben. Denn die zwölf Jahre dort wurden zu meiner schwierigsten, aufregendsten und wertvollsten Zeit in meinem bisherigen Berufsleben. Aber erst, nachdem ich etwas Wichtiges verstanden hatte.

Warum Weglaufen eine nahezu sinnfreie Angelegenheit ist

Als ich meine erste spirituelle Lehrerin traf, kämpfte ich immer noch mit den Turbulenzen im Familienunternehmen. Gepaart mit meinen persönlichen Herausforderungen, suchte ich nach einem Weg aus dem Unternehmen. Es schien mir die Wurzel allen Übels zu sein. Die Erklärung, die ich von ihr bekam, veränderte alles. Sie erklärte mir, dass

wenn ich die Firma verlasse, ich vor einer wichtigen Lern- und Wachstumsaufgabe flüchten würde. Ich könnte das tun, aber dann würde ich sie in einem anderen Kontext erneut bekommen.

Na, bravo! So funktionierte das also. Ich entschied mich für „Augen auf und durch“ und beschloss, daran zu wachsen. Wenn es hier was zu gewinnen gab, wollte ich das haben.

Ich übe täglich, mich mutig Herausforderungen zu stellen

Seit ich das Prinzip verstanden habe, leitet es mich durch mein Leben. Ich versuche, herausfordernden Situationen und Hindernissen nicht auszuweichen, sondern mich mitten rein zu begeben, um daran zu wachsen. Das hat mehrere Vorteile:

  • Mit der Entscheidung, mich darauf einzulassen, betrete ich Neuland und ich weiß in dem Moment nicht, was mich erwartet. Möglicherweise werde ich mit der ganzen Klaviatur an Gefühlen konfrontiert. Gleichzeitig eröffnen sich mit meinem „ja, ich will“ völlig neue Lösungswege und es können wunderbare Dinge geschehen.
  • Ich bin kein Fan von Überraschungen. Ich entscheide gerne selbst, wann, wie und mit wem ich an einem Thema arbeite. Wenn ich weiß, dass ein Learning ansteht, kann ich mich darauf einstellen und mich bewusst darauf vorbereiten. Ich finde das viel bequemer, als überrascht zu werden.

Aber ich will auch ehrlich sein: Es gelingt mir nicht immer. Ich hadere, ich zweifle, ich habe Angst. Und manchmal brauche ich ein bisschen Zeit, um mich mit der Situation anzufreunden und zu überlegen, wie ich damit umgehen möchte. Habe ich eine Entscheidung getroffen, dann bin ich bereit, mich voll darauf einzulassen. Mutig und mit viel Schwung. Und so kam es, dass ich auch mal Jobs gemacht habe, die ich mir nicht zutraute oder in Branchen arbeitete, in denen ich nie arbeiten wollte. Ich bin weder unangenehmen Chefs ausgewichen, noch schwierigen Situationen – und ich bin immer daran gewachsen. Manchmal über mich selbst hinaus.

Was „durchhalten“ für mich bedeutet

Nein, ich bin nicht masochistisch veranlagt. Aber ich habe genügend Erfahrungen hinter mir und gelernt, dass Hindernisse und Herausforderungen durchs Wegschauen oder Wegschieben nicht verschwinden. Im Gegenteil. Sie kommen durch die Hintertüre und mit noch größerer Wucht zurück.

Ich habe auch gelernt, dass in jeder Herausforderung ein Schatz verborgen ist und ich will diesen Schatz heben (und haben). Er bedeutet für mich Freiheit. Frei zu sein von inneren Blockaden, Traumata, Ängsten oder seltsamen Glaubenssätzen, die mich daran hindern die zu werden, die ich in Wirklichkeit bin.

Meiner Bestimmung zu folgen und meine Aufgabe auf diesem Planeten zu erfüllen. Das ist kein Spaziergang, sondern ein Wagnis mit unbekanntem Ausgang. Ich setze damit mühsam eroberte Sicherheiten aufs Spiel. Aber nur so erfahre ich, wer ich wirklich bin und sein kann. Und das kann zu positiven Überraschungen, Wendungen und neuen Wegen führen. Für mich ist das ein sehr lohnenswerter Weg.

Große Ziele erfordern viel Ausdauer, Beharrlichkeit und Geduld

Oft braucht es innere Veränderungsarbeit, damit die gewünschten Ergebnisse überhaupt möglich werden können. Dort, wo wir jetzt stehen, sind wir, weil wir so sind, wie wir sind. Wollen wir wo anders stehen, müssen wir uns wandeln. Es geht nicht anders und es passiert selten von heute auf morgen. Ich habe ein Beispiel für dich:

Als ich entschied, Coach zu werden, war ich 25. Damals wussten die wenigsten, was das ist, erst recht nicht auf dem Land. Ich wusste auch, dass meine Chancen, damit erfolgreich zu werden, mit zunehmendem Alter steigen werden. Also machte ich mich entspannt auf den Weg, eigene Themen zu klären (schließlich musste ich wissen, durch welche Prozesse ich meine Kunden schicken würde) und Ausbildungen zu machen. Und dann kam unsere private Krise und die Verwirklichung musste nochmal warten. Von der Idee bis zur Gründung vergingen schlappe 20 Jahre. Es wäre mir nie im Leben in den Sinn gekommen mein Ziel, trotz der vielen existenziellen Herausforderungen, aufzugeben. Warum sollte ich das tun? Am Ende habe ich die eigenen Krisen einfach als Einladung zum Wachstum betrachtet und mir damit ein stabiles Fundament als Coach geschaffen. Ich meine, wenn ich als Coach Angst vor inneren Wachstumsprozessen hätte, wäre ich sowieso im falschen Beruf.

Muss man durchhalten bis zum gnädigen Ende?

Bis man mit seinem Latein am Ende ist und auf dem Zahnfleisch daherkommt? Nein, natürlich nicht. Vielleicht hast du das schon bei dir selbst beobachtet: Projekte, Ziele und Aufgaben, die dir wirklich wichtig sind, die ziehst du durch. Komme was wolle. Du schreckst vor Hindernissen nicht zurück, sondern gehst einfach weiter. Die weniger wichtigen legt man fast unbemerkt ad acta.

Trotzdem aller Leidenschaft sollte man auch bei Herzensprojekten wissen, wann es Zeit ist, aufzuhören. Das kann sich wie Scheitern anfühlen und es kann auch ein schmerzhafter Prozess sein. Aber es kann auch ein Weitergehen oder Pausieren sein. Manchmal braucht es das, um sich neu auszurichten und mit neuer Energie einen zweiten Anlauf zu wagen.

Ich bemühe nochmal das Beispiel von meinem Coaching Business. Als ich es aufgab, war es gerade so richtig am Wachsen. Die neue Selbstständigkeit war schon da und nach einem Gespräch mit einem mega interessanten Kooperationspartner war klar: Ich habe keine Lust mehr auf diese Art von Coaching. Das kam so unvermittelt und spontan, dass ich davon selbst am meisten überrascht war. In dem Moment merkte ich, dass die Energie weg war. Von jetzt auf nachher. Und tatsächlich hatte mich das klassische Methoden-Coaching weniger erfüllt, als ich mir das vorgestellt und erhofft hatte. Ob du es glaubst oder nicht, ich konnte diesen großen Traum, den ich zwei Jahrzehnte lang verfolgt hatte, leichten Herzens aufgeben. Es fühlte sich richtig an und ich war weder traurig noch wehmütig. Ich war fein damit und es fühlte sich an, als würde ich einfach weitergehen. Der Lernprozess war zu Ende.

Fazit

Es macht mich traurig und wütend zugleich, wenn ich sehe, dass Menschen zu früh aufgeben. Und gleichzeitig weiß ich natürlich, dass nicht jedem bewusst ist, dass er gerade an ein unbewusstes geistiges Mäuerchen knallt. Einer alten geistigen Landkarte folgt, die einfach noch keine neuen Möglichkeiten zulässt. Das ist, als wäre das Navigationsgerät im Auto seit Jahren nicht mehr upgedatet worden. Hindernisse können eine wunderbare Möglichkeit sein, die geistige Landkarte zu erweitern. Alte Wege zu verlängern und neue Wege zu ergänzen. Um neue Landschaften und Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Nein, es ist nicht einfach, aber es ist ein sehr lohnenswerter Weg.