Mit 25 war mein Ziel klar: Ich werde Coach.

Das war keine Selbstverwirklichungs-Nummer, sondern mein nächstes berufliches Ziel.

Durch die Arbeit im Familienunternehmen hatte entdeckt, wie viel Freude mir die Arbeit mit Menschen macht und dass sie mir so viel mehr bedeutet als alles andere im Unternehmen. Ich hatte durch die ersten Weiterbildungen coole Werkzeuge kennengelernt und schnell gemerkt, wie sehr sie mein Leben verändern, leichter machen und welchen Unterschied das für die Mitarbeiter und das Unternehmen macht.

Dass wir den Dingen nicht machtlos ausgeliefert sind, sondern Veränderungen proaktiv initiieren können, hat alles verändert

Ich war so begeistert, dass ich mein Wissen und meine Erfahrungen unbedingt anderen Menschen zugänglich machen wollte.

Gleichzeitig war mir bewusst, dass ich noch einen längeren Weg vor mir haben würde.

Denn Ausbildungen und innere Arbeit brauchten Zeit und mein Ziel war es, professionell zu arbeiten. Dazu gehört für mich, dass ich mit den Prozessen, auf die sich meine Klienten einlassen, eigene Erfahrungen mache. Ich wollte herausfinden, wie wirkungsvoll die Methoden sind und wie sie sich im Alltag bewähren. Solange ich da noch nicht durch war, fühlte ich mich nicht bereit, andere Menschen zu begleiten. An der Stelle hatte ich ziemlich hohe Ansprüche an mich selbst. Außerdem war ich noch jung und mehr Lebenserfahrung würde sicher nicht schaden.

Durch die vielen Herausforderungen musste ich die Gründung des Coaching Business immer wieder aufschieben weshalb es fast zwanzig Jahre dauerte, bis ich endlich loslegen konnte.

Möglichst professionell. Schon klar, oder?

Klartext: So machst du dich als Coach selbstständig

Im letzten Modul der Coaching-Ausbildung hatten wir einen Marketingprofi zu Gast, der Klartext redete. Wir arbeiteten unsere Positionierung aus und erfuhren, wie wir uns als Coach erfolgreich selbstständig machen können.

Ich fand das nicht so lustig, denn ich purzelte direkt vom rosa Wölkchen. Gleichzeitig war es sehr heilsam.

Von Zuhause brachte ich ein halbes Leben unternehmerische Erfahrung mit, außerdem hatte ich mich durch die einschlägige Literatur gelesen. Ich fühlte mich einigermaßen gut vorbereitet für die Gründung. Frau Hofert mit ihrem Artikel „10 Jahre – wie nichts: So lange dauert es wirklich zu gründen!“ wollte ich das Gegenteil beweisen und so startete ich hoch motiviert, mit viel Enthusiasmus und einem leichten Tunnelblick in die Selbstständigkeit.

Meine Positionerung als Coach

Coaches haben nach der Ausbildung eine Vielzahl an Möglichkeiten, einen sogenannten Bauchladen. Meine eigene Vielseitigkeit und die tausend Ideen in meinem Kopf machten es nicht gerade leichter. Das Coaching für Unternehmensnachfolger*innen traute ich mir definitiv noch nicht zu. Vielleicht war ich noch zu nah an meiner eigenen Geschichte.

Mein Start als Methoden Coach

Ich hatte die Wingwave Ausbildung absolviert und war schwer begeistert von der Wirkung. Für den ersten Start war diese Positionierung eine gute Idee, denn die Erklärungstexte für die Website hatte ich aus der Ausbildung mitgebracht.

Allerdings merkte ich schnell, dass es mir zu einseitig war, mich auf eine Methode zu fokussieren. Außerdem wollte ich mich nicht nur mit Ängsten auseinandersetzen. Also änderte ich die Positionierung auf „allgemeines Coaching“, was übrigens am besten lief, bis ich mich auf „Coaching für Unternehmensnachfolger*innen“ fokussierte.

Kurz darauf gab ich mein Coaching Business auf.

Marita Eckmann Coaching für Unternehmensnachfolger*innen

Warum ich mein Coaching Business aufgab

Dass ich den Traum, auf den ich mich so viele Jahre vorbereitet hatte, so leicht ad acta legen konnte, hatte einen Grund. Inzwischen hatte ich Network Marketing kennengelernt und damit eine sehr spannende Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten. Die Community, auf die ich in der Coachingblase gehofft und doch nicht gefunden hatte, wurde auch gleich mitgeliefert.

Ich konnte all meine Fähigkeiten bündeln: die unternehmerischen Erfahrungen, meine Kompetenzen als Führungskraft und mein Coaching Know-how. Was für eine coole Möglichkeit!

Gleichzeitig konnte ich als Unternehmerin noch mal ordentlich wachsen und mir wertvolles Know-How aneignen.

Nachdem ich das regelmäßige Einkommen schätzen gelernt hatte, und mir die Arbeit mit Klienten nicht die Freude machte, die ich mir erhofft hatte, legte ich mein Coaching Business auf Eis.

Ich hatte zwar, Google Ads sei Dank, ein ordentliches Niveau erreicht und konnte meine Kosten locker decken, trotzdem war ich damit nicht so happy, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Ein verlockendes Angebot schafft Klarheit

Kurz bevor ich meine Website deaktivierte, bekam ich über XING eine sehr interesannte Kooperationsanfrage. Das Unternehmen begleitete Familienunternehmen beim Kulturwandel und bot mir eine Zusammenarbeit an. Wir hatten sofort eine Wellenlänge, es passte wie der Deckel auf den Topf. Noch zwei Jahre zuvor hätte ich innerliche Luftsprünge gemacht, doch dieses Mal blieben sie aus.

Auf der Fahrt nach Hause war klar, dass ich dafür nicht mehr zur Verfügung stehen würde und ich mein Coaching Business aufgeben würde.

Die Energie war von einem Moment auf dem anderen weg. Ich vermute, dass ich mit dem Thema Familienunternehmen durch war. Ich hatte die unternehmensinternen Kämpfe hinter mir und keine Lust auf neue.

Es war meine letzte Positionierung und sie hatte mir, von allen Positionierungen interessanterweise am wenigsten Freude gemacht.

Es war kein wehmütiger Abschied von meiner Tätigkeit als Coach.

Es war, als würde ich von einem Raum in einen anderen gehen.

Coach bin ich geblieben, denn es ist für mich mehr, als nur ein Job. Für mich ist es eine Lebenshaltung und ich fühle mich der inneren Entwicklung als Mensch sehr verpflichtet. Um sie dreht sich immer noch alles in meinem Leben.

Ende gut, alles gut, an der Stelle könnte die Geschichte zu Ende sein.

Ist sie aber nicht. Noch nicht.

Gemerkt habe ich das erst kürzlich, als ich das Buch „Hört auf zu coachen“ von Svenja Hofert in die Finger bekam. Ich kenne ihre Arbeit schon lange und war sehr gespannt auf den Inhalt, denn die Rezensionen waren vielversprechend.

Und tatsächlich erreichte mich das, was ich dort las, tief.

Sehr tief.

Sie erzählte von Erfahrungen, die ich aus meiner eigenen Arbeit als Coach kannte, aber nie einordnen konnte.

Endlich bekam ich Antworten auf die Fragen in mir.

Es hatte mich immer verunsichert, dass ich die Auftragsklärung selten so machen konnte, wie ich es in der Ausbildung gelernt hatte. Warum konnten sich so wenige darauf einlassen, ein konkretes Ziel auszuarbeiten? Warum gab es so wenig Gelegenheit, meine Tools anzuwenden?

Ich war enttäuscht, dass ich die Coaching Methoden, die ich mir so mühevoll angeeignet hatte, nur selten nutzen konnte. Denn die meisten meiner Klienten wollten einfach nur reden und ihre Themen reflektieren. Und dabei war es völlig egal, ob ich einen Partneranwalt vor mir sitzen hatte, eine Führungskraft oder eine Privatperson.

Ich hatte oft das Gefühl, keine richtige Coach zu sein

Weil ich so wenig mit den klassischen Coaching Tools arbeitete.

Wirksam war ich mit meiner Arbeit trotzdem, sonst hätte ich die Klienten nicht über längere Veränderungsphasen begleitet können. Trotzdem fühlte sich die Arbeit seltsam an.

Ich war einfach nicht zufrieden.

Ich hatte dieses merkwürdige Spannungsfeld schon längst vergessen, bis ich im Buch von Svenja Hofert las. Ich fühlte mich so was von abgeholt und verstanden!

Sie sprach aus, was ich wahrgenommen hatte, aber bisher nicht erklären konnte.

Sie fand heraus, dass Klienten in unterschiedlichen Denk- und Handlungslogiken unterwegs. Okay, das ist nicht neu, aber sie hat daraus eine Art Schema entwickelt, das sie im Buch ausführlich erklärt. Und auch, welche Methoden in den jeweiligen Logiken funktionieren oder auch nicht.

Mir ging ein Licht nach dem anderen auf.

Ich verstand endlich, warum sich nicht alle Klienten nicht auf die Zielsetzung einlassen wollten oder konnten. Warum manche konkrete Handlungsmöglichkeiten brauchten (die man als Coach eigentlich nicht gibt) und warum so viele meiner Klienten einfach nur ein Gespräch mit mir und über meine Erfahrungen wollten: Weil sie die Inspiration brauchten, um dann selbst weiterzudenken.

Marita Eckmann Coaching
Eines der Bilder von meiner Coaching Website

Ich dachte die ganze Zeit, dass ich eine inkompetente Coach bin!!

Und weil ich das dachte und mich entsprechend unfähig fühlte, mühte ich mich noch mehr damit ab, nach allen Coaching-Regeln der Kunst zu arbeiten.

Mich noch besser auf Coaching-Sessions vorzubereiten, so dass ich die Methoden parat hatte, mit denen ich arbeiten wollte. Mit dem Ergebnis, dass es fast bei jeder Sitzung grottenmäßig schief ging, weil mein Klient zwischenzeitlich an einem völlig anderen Punkt angekommen war, als ich es erwartet hatte. Die Wirkung meiner Arbeit war offensichtlich größer, als mir bewusst war.

Also veränderte ich meinen Fokus

Ich ließ die gelernten Methoden links liegen, um mich ganz ganz auf mein Gegenüber zu einzulassen. Ich arbeitete intuitiv und mit guten Ergebnissen. Die gelernten Tools kamen nur dann zum Einsatz, wenn auch der Klient dafür offen und bereit war. Das Gefühl, als Coach nicht „richtig“ zu arbeiten blieb.

Genau das beschreibt Svenja Hofert in ihrem Buch: Dass Coaches bei all der Fokussierung auf die Methoden und sich selbst, das Gegenüber mehr oder weniger aus dem Blick verlieren.

In diesem Punkt gebe ich ihr absolut recht. Das ist schließlich auch das, was in den Ausbildungen gelehrt wird und woran sich ein Coach „festhalten“ kann, wenn die persönliche Weiterentwicklung noch hinterherhinkt (schreibt Svenja Hofert).

Am Ende hat es vermutlich auch viel mit der eigenen Erfahrung und dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu tun. Und das braucht einfach Zeit.

Inzwischen sind einige Jahre vergangen.

Und ich bin definitiv nicht mehr die, die ich einmal war.

Trotzdem ertappte ich mich hin und wieder dabei, wie ich nach Coaching-Positionierungen suchte. Gleichzeitig verging mir schon beim Gedanken daran die Lust. Bis mir klar wurde, dass ich das Coaching zwar aufgegeben hatte, aber mein inneres Navigationssystem immer noch versuchte, das Ziel zu erreichen.

Aha! Was war hier los?

Ich weiß, dass ich nichts weiß

Und dann erzählten mir die spirituellen Coaches um mich herum, dass sie zu Beginn einer Session noch keine Idee hätten, wie sie arbeiten würden. (Mein Mann erzählt mir das übrigens auch ständig) Die wenigsten konnten mir erklären, wie und mit welchen Methoden oder Tools sie ihre Ergebnisse erreicht hatten.

Ich war völlig verblüfft: „Wie jetzt, ihr geht ohne Ziel und Plan in eine Sitzung?

Ich war völlig von den Socken. Ja geht denn das? Ja, das geht, denn allesamt sind damit sehr erfolgreich.

Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich arbeite inzwischen genau so und die Ergebnisse sind außergewöhnlich und manchmal verblüffend!

In dem Moment wo ich mich, angebunden an meine innere Führung, ganz auf mein Gegenüber einlasse, kommen die Impulse fast von selbst aus meinem Inneren. Das fühlt sich tatsächlich an, als würde ich nichts tun, aber das stimmt natürlich nicht, denn ich bereite mich vor und die Erfahrungen und Methoden sind ja in mir.

So ähnlich beschreibt Svenja Hofert es in ihrem Buch, wenn sie von Klienten erzählt, die Inspirationen für den nächsten Schritt brauchen und für die ihre Erfahrungen von großem Nutzen ist.

So hatte ich als Coach gearbeitet und mich deshalb immer unfähig gefühlt!!!

Ist das nicht unglaublich?

Was ich in ihrem Buch gelesen hatte, war so heilsam für mich. Ich bekam Antworten auf Fragen, die ich schon lange vergessen hatte. Ich habe erkannt, wie sehr ich mich verändert, wie sehr ich gewachsen bin und wie sehr das meiner inneren Entwicklung geschuldet ist.

Ich bin nicht mehr die Coach, die ich einmal war oder die ich glaubte, sein zu müssen.

Der Abschied meines alten Coachs-Ichs passierte übrigens völlig unvermittelt, während meiner Morgenroutine. Nachdem ich am Tag zuvor durch einen tiefen Erkenntnisprozess gegangen war, hatte ich morgens plötzlich Tränen in den Augen.

In dem Moment wusste ich, dass ich mich von meinem alten Ich, von der Coach, die ich einmal war und die ich immer sein wollte, verabschiedet hatte.

In mir wurde es ganz ruhig und es fühlte sich leicht an.

Ich habe das alte Ziel, das mein inneres Navigationssystem immer noch zu verwirklichen versuchte, losgelassen. Die unbewusste Suche hat ein Ende und ich spüre seitdem eine völlig neue Ruhe in mir.

Das heißt nicht, dass ich nicht auch offiziell wieder 1:1 mit Menschen arbeite, aber die Arbeit wird eine andere sein. Sie ist jetzt schon anders und das ist gut so.

In großer Dankbarkeit verneige ich mich vor der Marita, die ich war und die alles gegeben hat, um ihr Ziel, als Coach zu arbeiten, zu verwirklichen. Mit all ihrer Entschlossenheit, ihrer Liebe und Leidenschaft, ihrer Lebenskraft und Energie.